Titelverteidiger in Dubai statt in Böblingen

 

Schach: Beim 30. Open gibt's auf jeden Fall einen neuen Sieger - 262 Teilnehmer im Alter zwischen sechs und 81 Jahren an den Brettern

 

Fast pünktlich auf die Minute eröffnete am zweiten Weihnachtsfeiertag Mario Born, Präsident des gastgebenden SC Böblingen, das 30. Böblinger Open. Über 260 Schachfreunde aus dem In- und Ausland kämpfen bis Montag in drei Startklassen um den Sieg bei diesem renommierten Turnier.

 

Von Uli Meyer

 

 BÖBLINGEN. Bis kurz vor 16 Uhr glich das Foyer des Hotels Mercure auf der Böblinger Hulb einer großen Bahnhofshalle. Da wuselten unendlich viele Menschen von links nach rechts und umgekehrt. Erst als die Organisatoren die Paarungen der ersten Runde an die Infotafeln ausgehängt hatten, kehrte halbwegs Ordnung ein. Und als die Spieler ihren jeweiligen Gegner und den dazugehörigen Tisch gefunden hatten, war es gleich merklich leiser. Die mit dem Schachspiel traditionell einhergehende Ruhe kehrte ein.

 

   Ehrung: Bevor Mario Born den Startschuss für die erste der neun Runden gab, folgte im Rahmen der Begrüßung noch eine Ehrung. Die beiden Stuttgarter Günter Aidam-Reinisch (SK Schmiden-Cannstatt 1880) und Josef Rieder (Stuttgarter SF) wurden für ihre besondere Turniertreue mit einem Pokal ausgezeichnet. Als einzige Teilnehmer haben sie sämtliche 30 Veranstaltungen des Böblinger Open mitgemacht. "Das ist eine bemerkenswerte Leistung", lobte Born die beiden Veteranen, die im B-Turnier ihr Glück versuchen. "Die Gegner müssen sich warm anziehen, um ihn zu schlagen", pries Born die unverwüstliche Wettkampfstärke des 81-jährigen Veterans Rieder an.

 

   Jungspunde: Auf der entgegengesetzten Spitze der Altersskala stand Jan-Leo Kersten. Der gerade einmal sechs Jahre alte Knirps aus Kassel gab im C-Turnier seinen Einstand. Offenbar hat er das Verständnis für das königliche Spiel vererbt bekommen, sein Vater Uwe mischt als Fide-Meister im A-Turnier mit. Jüngster Spieler im B-Turnier ist diesmal ein Neunjähriger, der Frankfurter Daniel Gelfenbaum.

 

   Vorjahressieger fehlt: Eine erfolgreiche Titelverteidigung wird es beim 30. Böblinger Open nicht geben. Dennis Wagner, 2012 mit 15 Jahren der jüngste Gewinner des Turniers, ist nicht am Start. Der Hockenheimer Bundesligaspieler kämpft derzeit in Dubai um die Jugend-Weltmeisterschaft.

 

   Großmeister: Sieben Schachgrößen vom Rang eines Großmeisters waren in Böblingen vorangemeldet. Übrig geblieben und am Start sind fünf. "Einer hat sich kurzfristig entschuldigt, der andere gar nicht", war Turnierchef Mario Born auf den Ukrainer Mikhail Simantsev nicht gut zu sprechen. Mit der höchsten Elo-Punktzahl (2581) ging der russische Großmeister Vladimir Burmakin an Position eins ins Turnier.

 

   Kaum Frauen: Unter den 262 Spielern, die am Donnerstagmittag an den Start gegangen sind, befand sich nur eine Handvoll Frauen. "Wir hatten auch schon ein paar mehr", merkt Mario Born zu dieser Ungleichheit an. Dass das Böblinger Open damit aus der Reihe tanzt, verneint Hans-Peter Remmler. "Ich behaupte, dass das das übliche Zahlenverhältnis beim Schach ist. Unser Sport ist offenbar kein besonders beliebtes Betätigungsfeld für Frauen", so der Pressesprecher des Böblinger Schachclubs. Umso bemerkenswerter, dass mit Ana Matnadze eine Frau zum erweiterten Favoritenkreis zählt. Die für Spanien startende Spielerin georgischer Abstammung tritt im Rang einer Internationalen Meisterin an.

 

   Schiedsrichter. Eine weite Anreise nahm Jens Wolter auf sich. Der Hauptschiedsrichter stammt aus Bargteheide, einem kleinen Ort zwischen Hamburg und Lübeck. Zum dritten Mal ist er in Böblingen, wird dabei von zwei Helfern unterstützt. So müssen Wolter und seine Kollegen unter anderem darauf aufpassen, dass das absolute Handy-Verbot von den Spielern beachtet wird. "Bereits ein Summen, zum Beispiel für eine erhaltene SMS, hat für den Spieler den sofortigen Verlust des Spiels zur Folge", gibt er sich als gestrenger Aufpasser. Aber Wolter kann es auch auf die lustige Tour: "Bitte gucken Sie auch genau hin, wenn Sie die Ergebnisprotokolle unterschreiben", riet er über Mikrofon der versammelten Spielerschar, "nicht dass Sie aus Versehen noch zehn Waschmaschinen bestellt haben."